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18.02.2022
Im Gespräch mit Herrn Prim. Mag. theol. Dr. med.univ. Erwin Horst Pilgram

"Für mich ist jeder Mensch einzigartig!"

Prim. Mag. theol. Dr. med.univ. Erwin Horst Pilgram ist seit 1. Jänner 2022 Primarius der Abteilung Medizinische Geriatrie und Hospiz in den GGZ. Hier ein kleines „Portrait“ von und über ihn.

Schwarz: Herr Prim. Dr. Pilgram, Sie arbeiteten seit Juli 2010 als Oberarzt in den GGZ vor allem im Bereich der medizinischen Geriatrie und im Hospiz. Sie sind Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Innere Medizin, ihre Schwerpunkte liegen auf Palliativmedizin und Geriatrie und Sie sind Theologe. War da Ihre neue Funktion die logische Folge?

Pilgram: Ich führe seit 2016 das Hospiz, seit 2019 leite ich das Department für Langzeitgeriatrie - der Übergang in meine jetzige Funktion als Primaarzt ist somit ein fließender.

Schwarz: Was hat sich an den Aufgaben und Anforderungen für Sie geändert?

Pilgram: Meine Aufgaben haben sich nicht so sehr geändert – der administrative Teil ist etwas gestiegen.

Schwarz: Was ist Ihnen wichtig auch mithilfe Ihrer Funktion umzusetzen bzw. zu gestalten?

Pilgram: Im Zentrum steht für mich, ein Klima zu gestalten, wo sich Ärzt:innen, Kolleg:innen der Pflege und Therapie sich gerne begegnen. Wenn man gerne zusammenarbeitet, kann man auch die Tätigkeiten an den Patient:innen und deren Angehörigen – und diese Einheit Patient:in / Angehörige ist einfach untrennbar – gut durchführen.

Schwarz: Wie gehen Sie mit Konflikten bzw. Problemen um, wenn diese doch einmal entstehen?

Pilgram: Ich versuche Probleme vom Team fernzuhalten. Das ist eine meiner Aufgaben.
In jeder Diskussion, wo Vorwürfe gegenüber Kolleg:innen kommen, stehe ich zu aller erst hinter meinen Mitarbeiter:innen. Ich glaube – ich vertraue – meinen Mitarbeiter:innen!
Wir führen einen sehr offenen Dialog und vermeiden „strategische“ Geheimnisse. Nur ein gutes Mit-einander garantiert auch ein gutes Begleiten von Patient:innen und Angehörigen.

Schwarz: Sie sind auch Theologe – inwieweit fließen hier Ihre Erfahrungen in den beruflichen Alltag ein?

Pilgram: Mein Menschenbild ist ein intrinsischer Faktor, der mein Tun prägt und beeinflusst.
Für mich ist jeder Mensch einzigartig, jede Minute ist ein Stück wertvolle – verbindende - Zeit und damit ein Stück des gemeinsamen Weges.
Ich definiere Menschen nicht über ihre Funktion – das wird man schnell austauschbar. Jeder Mensch ist einzigartig und erfüllt in dieser Einzigartigkeit eine Funktion.

Schwarz: Das spricht dann für eine anthropologische Herangehensweise?

Pilgram: Ich bin geprägt durch meine „Kinderstube“, mein Theologie- und weitere Studien, durch meine Tätigkeiten und Erfahrungen – eines ist immer gleichgeblieben: Ich muss diese Herangehensweise nicht neu erfinden. Es gibt sie bereits.

Schwarz: Herr Prim. Dr. Pilgram, ist das dann nicht auch der ethische Ansatzpunkt oder anders gefragt, warum muss Ethik dann immer wieder besonders hervorgehoben werden?

Pilgram: Ethik kann man nicht oktroyieren und Ethik kann man schon gar nicht mit Kennzahlen definieren. Ethik ist reflektierte Haltung – und Haltung kann man nur implementieren, wenn man sie vorlebt. Das heißt auch, dass man z. B. sagt: „Entschuldigung, ich habe mich geirrt.“
Verantwortung heißt für mich, auf Fragen zu antworten, warum ich etwas tue oder nicht.
Verantwortung heißt auch für mich immer nicht die Schuld gleich bei jemanden anderen zu suchen oder zu delegieren.

Schwarz: Brauchen wir dann auch in den GGZ andere Ansätze für das Thema Ethik?

Pilgram: Wir müssen die Ethikarbeit anders positionieren. Um es mit den Worten von Albert Schweitzer zu sagen: „Es kommt in der Welt vor allem auf die Helfer an – und auf die Helfer der Helfer.“
Da haben wir unser Potential noch lange nicht ausgeschöpft. Wir müssen die „Helfer“ von der Verwaltungsprozessen freispielen. Dazu braucht es unter anderem wieder gegenseitiges Vertrauen und keine Abläufe, die das komplizieren.

Schwarz: ….. also keine Rückversicherung der Rückversicherung usw. …..?

Pilgram: Wir beschäftigen uns viel zu sehr mit „Nebensächlichkeiten“ und haben dann zu wenig Zeit für das Wesentliche, nämlich den Menschen – Patienten und deren Angehörige - zu begleiten.
Wir haben in den GGZ ein großes Potential in der Versorgung für alte Menschen – von der Re-Mobilisation über die Tageszentren zur Langzeitpflege bis hin zum Hospiz. Dazu braucht es aber Menschen, die - vor allem in der Pflege – den Beruf gerne ausüben und freigespielt werden für die Tätigkeiten an den Menschen, die uns brauchen.

Schwarz: Was können wir dann gerade jetzt dafür tun?

Pilgram: Stärken wir die Mitarbeiter:innen, die gerade jetzt hier in den GGZ arbeiten. Als Führungs-kraft ist es meine Aufgabe, wie schon eingangs erwähnt, Belastungen möglichst von ihnen wegzunehmen. Ich bin vor Ort auf meinen Stationen – ich mache auch die Aufnahme, weil ich Arzt bin – und das kann ich auch als Primararzt.

Schwarz: Gibt es ein Ziel, dass Sie in den GGZ anstreben?

Pilgram: Da zitiere ich Guy de Larigaudie: „Man muss am Leben haften, so wie man an ein Pferd sich haftet.“ Man muss geschmeidig ….. seinen feinsten Regungen folgen. Es macht keinen Sinn das Leben in strukturierte Abläufe zu zwängen. Das Leben – besonders auch das berufliche – bedeutet Veränderung. Wenn ich „reite“ spüre ich diese Bewegungen und die Veränderung und kann zeitnah reagieren. Es ist mein Ziel, meinen Beitrag zu einem Arbeitsklima zu schaffen, damit alle, die sich uns anvertrauen, sich in guten Händen wissen, weil wir auch aufeinander schauen, damit es uns gut geht.

 

Autorin:
Irene Schwarz
Stabsstelle Human Resources

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