Herr Dr. Eric Stoiser, Medizinischerer Leiter, geht mit Dezember 2020 nach 30 Jahren in den Ruhestand – wir blicken heute auf die Jahre seines Wirkens in den GGZ zurück.
Wir treffen uns im „Ort der Stille“. Dieser Raum passt genau zu meinem Gesprächspartner, Dr. Eric Stoiser: in sich ruhend, vielseitig (bunt), strahlend
Eric beschreibt sich selbst als neugierig mit einer positiven Grundhaltung: „Ich recherchiere gerne und tausche mich gerne aus, man kann so viel von anderen lernen“. Ich bin an Lösungen interessiert. Sport und Musik spielen in meinem Leben eine wesentliche Rolle. An erster Stelle stehen meine Familie und Freunde …. und der (alte) Mensch, der sich oft nicht mehr selbst helfen kann.“
Irene: Lieber Eric, warum hast Du Dich vor 30 Jahren für die GGZ entschieden?
Eric: Nach meinem Studium wollte ich eine Ordination als Allgemeinmediziner eröffnen. Ich suchte eine Arbeitsstelle, um die Zeit zu überbrücken. Die GGZ hatten die Vorgabe auf 12 Ärzte und Ärztinnen aufzustocken. Ich habe mich schon immer mit alten Menschen gut verstanden, hörte ihnen zu, konnte in sie hineinfühlen. Ich bewarb mich und war der erste der „jungen“ Ärzteschaft.
Irene: Wie hast Du die ersten Monate und Jahren erlebt?
Eric: Intensiv! Viele fachliche gute und motivierte Kolleg*innen sowie Mitarbeiter*innen waren vor Ort. Es gab viel Entwicklungspotenzial, z. B. bei der Infrastruktur und den Leistungsangeboten.
Irene: Wie viel von dem angesprochenen Potential oder welche Meilensteine wurde von dir initiiert bzw. umgesetzt?
Eric (lacht): Ich habe sie gar nicht gezählt! Sogenannte Meilensteine können nur im Team erreicht werden – zum Glück hatte und habe ich sehr gute Wegbegleiterinnen und -begleiter.
Irene: Können wir einen Überblick bzw. eine kleine Sammlung Deines Wirkens (kurz) zusammenfassen?
Eric: Gerne!
1993-1995: Dr. Thomas Frühwald erarbeitete federführend für Wien und ich für Graz das Urkonzept für eine zeitgemäße Geriatrie mit einem differenzierten Produkt- und Leistungsangebot.
Ab 1995: „reifte“ das Konzept weiter. Wesentlich beteiligt waren unsere Pflegedienstleiterin Frau Haas-Wippel sowie Frau Dr. Fink und Frau Mag. Rieder, beide vom Sozialamt. Unser Unternehmen war damals ja noch ein Teil des Sozialamtes. Das Konzept enthielt Schwerpunkte, die heute selbstverständlich sind für eine sichere Bewohner*innen- und Patient*innenbetreuung, wie z. B. ein geschlossenes Blutabnahme- und ein modernes Laborsystem sowie eine sonografische Diagnostik und ein differenziertes Leitungsangebot. Aber auch Maßnahmen für Mitarbeiter*innen, z. B. die Aus- und Fortbildungen, um die Stärken unserer Mitarbeiter*innen gezielt zu fördern. Dieses Konzept war die Grundlage um uns als Krankenhaus noch besser zu etablieren. Wir verhandelten lange mit dem damaligen Bürgermeister, Herrn Alfred Stingl. Der Gemeinderat der Stadt Graz entschied das Konzept umzusetzen. Damit verbunden war die Entscheidung für den Neubau der Albert Schweitzer Klinik I mit dem Schwerpunkt der Akutgeriatrie/Remobilisation und der ACU. Die Ärztliche Leitung der Albert Schweitzer Klinik durfte ich im Jahre 1997 übernehmen.
1999: Gemeinsam bauten mein geschätzter und viel zu früh verstorbene Kollege, Dr. Josef Adler, Frau Dr. Doris Burgstaller sowie Fr. Dr. Petra Wagner Angebote und Leistungen für Stationen für Akutgeriatrie und Remobilisation, Langzeitgeriatrie, Palliative Geriatrie, Apallic Care Unit, Demenz und das Hospiz auf. Mit Waltraud Haas-Wippel wurde die Pflege in den GGZ in die „Moderne“ geführt. Die Zusammenarbeit mit ihr war besonders wertvoll und konstruktiv. Die „Betriebliche Gesundheitsförderung“ für Mitarbeiter*innen wurde implementiert, wie z. B. Grippeimpfung, Hautkrebsvorsorge, Stressmanagement (HRV-Messung) und Ernährungsberatung mit einer BIA. In diesem Zusammenhang muss DGKP Helga Gafiuk erwähnt werden, die seit Beginn an die treibende Kraft des „Betrieblichen Gesundheitsmanagement“ in den GGZ darstellt.
2000: Herr Dr. Gerd Hartinger MPH wurde zum Geschäftsführer der Geriatrischen Gesundheitszentren (GGZ) der Stadt Graz bestellt.
Damit folgten weitere Qualitätsmeilensteine, die mir sehr wichtig waren:
- Screenings, um die Defizite und Ressourcen von Patient*innen zu verifizieren und damit die Erfolge der Interventionen darzustellen.
- Das Hospiz und das Tageshospiz wurden gegründet. Mitarbeiter*innen wurden für die Begleitung in dieser ganz besonderen Lebensphase speziell ausgebildet.
- Aufbau eines angemessenen umfassenden Therapieangebotes mit Etablierung der verschiedenen therapeutischen Berufsgruppen.
Irene: Lieber Eric, viele dieser „Fakten“ zeichnen Dich ja schon aus – wenn wir Deinen Beruf, der ja wirkliche Berufung für Dich ist, für eine kurze Zeit auf die Seite stellen, was entdecke ich da?
Eric: Ich definiere mich über meine sozialen Kontakte und bin jemand, der gerne mit Menschen in Kontakt tritt und zusammenarbeitet. Schwierige Situationen will ich lösen und nicht im Konflikt erstarren – und ich trenne nicht zwischen „privat“ und „beruflich“. So wie ich bin, so bin ich in beiden Teilen meines Lebens.
Irene: Willst Du uns ein paar Beispiele dazu aus Deinem Leben erzählen?
Eric: Die Berührungen in den unterschiedlichsten Begegnungen brauchen Kraft – geben mir aber auch so viel Energie zurück, z. B. als ich ein Gespräch mit einer alten Dame führte, die den Kaiser noch persönlich erlebt hatte oder mit einer Patientin, die viele Erkrankungen und Operationen hinter sich hatte und mit ihrem Mann, ihrer Familie und unserer Unterstützung ein Leben gestaltete, das für sie wieder lebenswert wurde. Privat begegne ich sehr gerne Freunden mit verschiedensten Interessen (Philosophie, Geschichte, Musik, Sport, etc.). Sie erweitern meinen Horizont enorm. Besonders wertvoll und wichtig für mich ist mein engstes Umfeld. Das ist die Quelle meines Glücks und meiner Zufriedenheit. Ich freue mich schon sehr in meinem Ruhestand noch mehr Zeit mit meinen Enkelkindern verbringen zu dürfen, die mir unendlich viel Freude und Glücksgefühle bereiten. Sport ist für mich sehr wichtig. Durch Freunde kam ich zufällig zum Tennis – ich spiele es mittlerweile leidenschaftlich seit 30 Jahren. Jede Ballsportart begeistert mich. Außerdem fahre gerne Schi, dabei kann ich dann die Natur und die körperliche Herausforderung verbinden und genießen. Zeit im Fitnessstudio zu verbringen hat für mich auch immer etwas Meditatives. Da entstehen oft gute Ideen oder ich komme zur Ruhe. Zur Ruhe komme ich auch, wenn ich Musik höre oder selbst Klavier spiele. Die Liebe zur Musik habe ich sicher von meiner Mutter vererbt bekommen, leider nicht ihre ausgeprägte Musikalität. Musik erzeugt in mir nicht selten spirituelle Empfindungen, die für mich unverzichtbar sind.
Irene: Achtest Du auf Dich, auf Deine Gesundheit?
Eric: Ja, mittlerweile auf jeden Fall. Ich versuche konsequent und diszipliniert zu sein, das trägt sicher dazu bei, dass ich wieder recht fit bin – auch nach Verletzungen oder Erkrankungen. Zudem trage ich tendenziell eine positive Grundhaltung in mir und versuche neugierig zu bleiben.
Irene: Du sagst auch „Medizin ist mein liebstes Hobby“? Wie fühlt sich das für Dich an?
Eric: (spontan) …., dass ich auf jeden Fall wieder Medizin studieren würde.
Letztlich danke ich meinem Schicksal, so habe ich auch in sehr herausfordernden Zeiten viel Glück gehabt. Ich glaube nicht an Zufälle in besonderen Lebenssituationen und bin ein spiritueller Mensch – sowohl die Alltagsspiritualität als auch die Glaubensspiritualität betreffend.
Irene: Was ist Dir noch wichtig uns heute zu sagen?
Eric: Gedanken, dich ich bewusst versuche zu leben: „die Tugenden der Menschlichkeit nicht nur reden sondern leben“ und „die innere Mitte zu finden heißt emotional gesund zu schwingen“.